Fotolia.com

Schickt Leistungskiller in die Wüste – gerade jetzt!

Arbeitsmoral und Qualifikation der Mitarbeiter sind – nicht nur in Zeiten der Corona Pandemie – immer auch das Ergebnis aufrichtiger und fairer Menschenführung. Nur wer anständig mit seinen Leuten umgeht, vermag sie auch in kritischen Zeiten an den Betrieb zu binden. Wer das anders sieht, ist als Führungskraft eine Fehlbesetzung.  

Es darf nicht verwundern, dass die meisten Führungskräfte den Umgang mit ihren Mitarbeitern mehr intuitiv, spontan, nach Bauchgefühl oder von eigenen Vorgesetzten abgeschaut praktizieren. Das Bild des Chefs ist bei den meisten Menschen ein negatives. Erinnern wir uns an die Klischees der Fernsehkrimis, in denen der Boss meist idiotische Forderungen an das Ermittler-Team stellt, vorschnell und unprofessionell urteilt, oder an die TV-Kultserie STROMBERG, in der der Chef sich sarkastisch-psychopathisch an seinen Mitarbeitern abarbeitet. Wohl dem, der ein gutes Vorbild hatte oder gar ein Naturtalent in Sachen Führung ist.

Halten wir uns vor Augen: Wenn die empathischen, konstruktiven, fairen, motivierenden Chefs nicht in der Überzahl sind, so hat das Auswirkungen auf die Produktivität von Mitarbeitern und Unternehmen – und auf die Entwicklung der Nachwuchstalente. Das gilt besonders für existenzbedrohliche Krisenzeiten. Die Weisheit, dass der Apfel nicht weit vom Baum fällt, wird zur bitteren Wahrheit. Miese Chefs produzieren miese Chefs. Miese Chefs werden so zu Leistungskillern. Mehr noch: Diese negative Führungskultur spricht sich im Arbeitsmarkt herum. Wer will schon gern dort arbeiten, wo Mitarbeiter lediglich als Kostenverursacher und nicht als wertvolles Human Kapital betrachtet werden? In ihrer Selbstherrlichkeit erkennen die miesen Chefs nicht, dass sich die Zeiten am Arbeitsmarkt geändert haben. Sie glauben, ihre (Macht)Position zu stärken, indem sie mit Angst und Schrecken regieren. Das rächt sich spätestens nach überwundener Krise. Unternehmen werden dann verstärkt auf den Arbeitsmarkt drängen, um reduzierte Human Ressourcen schnell zu rekrutieren. Doch dann sind die Spielmacher wieder die Mitarbeiter (wie vor der Krise) und nicht die Arbeitgeber.

Auf gute Führung kommt es an

Umso mehr kommt es künftig auf die Führungskompetenz der Vorgesetzten und Unternehmenslenker an. Führung wird zum erfolgsentscheidenden Faktor für die Betriebe. Dabei hat sich die Erkenntnis durchgesetzt: Wer sich nicht selbst führen kann, kann auch andere nicht durch stürmisches Gewässer führen. Und wem seine eigene Karriere wichtiger ist als die Menschen, mit denen er zu tun hat, der wird nie eine gute Führungskraft. Machen Sie also bei Ihren Führungskräften keine Kompromisse.

Zugegeben – wer geht nicht gern in Führung, genießt Macht und mehr Geld? Mitarbeiter zu Spitzenleistung zu führen ist aber eine ganz andere, eigenständige Aufgabe. Und das haben längst nicht alle Gipfelstürmer auf ihrer Karriere-Agenda. Kein Wunder, dass der Ärger mit schwachen Führungskräften groß ist und besonders in Krisenzeiten kontraproduktiv auf den Betrieb wirkt. Durchschnittlich lästert jeder Mitarbeiter angeblich vier Stunden pro Woche über den Chef. Das brachte eine repräsentative Studie des Münchner GEVA-Instituts an den Tag. In einem Betrieb mit 100 Mitarbeitern sind das 400 Lästerstunden pro Woche. Wer wundert sich da noch über die schlechten Ergebnisse vieler Betriebe?

Corona hält den Führungsetagen kompromisslos den Spiegel vor Augen: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft können sich Mittelmäßigkeit in der Führung gerade jetzt nicht mehr leisten. Sie schadet dem Image, der Leistungsbereitschaft, der Produktivität, der Krisenresistenz und am Ende den volkswirtschaftlichen Ergebnissen.

Wer all das für übertrieben hält, kann sich inzwischen in der einschlägigen Managementliteratur auf vielfältigste Weise Gewissheit verschaffen. Bücher wie „Und morgen bringe ich ihn um“ oder „Mein Chef ist ein Arschloch“ geben ebenso Aufschluss über das Image der Chef-Kaste und ihr Führungsversagen wie die Studie des renommierten amerikanischen Professors der Stanford University, Robert Sutton, belegt. Sie trägt interessanterweise den vielsagenden Titel „The No-Asshole Rule: Building a Civilized Workplace and Surviving One That Isn’t“, und ist unter dem deutschen Titel „Der Arschloch-Faktor“ in die Bestsellerlisten gekommen.

Warum ist das so? Viele Chefs erklären Mitarbeiter zur Neben- und nicht zur Chefsache. Sie leben nach dem Grundsatz: „Ich bin fachlich gut, also führe ich.“ Dabei hat das eine mit dem anderen bekanntlich nichts zu tun. In vielen Studien über Führungskräfte ist inzwischen die Überzeugung gewachsen, dass vor allem chronische Überforderung viele Manager unter Dauerstress setzt, den sie dann an den Mitarbeitern regelrecht „abarbeiten“. Die einen neigen zu Machtmissbrauch durch Abwertung schwächerer Kollegen oder Untergebener. Die anderen lassen jegliche Wertschätzung und den respektvollen Kontakt zu den eigenen Mitarbeitern gleich ganz vermissen oder verlieren in Selbstherrlichkeit und ungerechtem Führungsverhalten die Bodenhaftung („Leading by Mail“).

Mitarbeiter werden zu Partisanen

Aber dieses Verhalten rächt sich. Erklärt der Kotzbrocken seinen Leuten mit Missachtung, Respektlosigkeit, mangelnder Information oder öffentlicher Bloßstellung erst einmal den Krieg, dann werden Mitarbeiter oft zu Partisanen. Sie kontern mit unterschwelliger Leistungsverweigerung, häufigen Krankmeldungen, mangelnder Loyalität und Dienst nach Vorschrift. Die Untergebenen ziehen sich zurück in die innere Kündigung. Kreative Lösungsvorschläge unterbleiben ebenso wie klare Stellungnahmen: „Wenn der Alte es so will, dann kriegt er es so.“ Nicht selten verlassen gerade High Performer das Unternehmen („Diese Schikane muss ich mir nicht antun“). Die Fluktuationskurve steigt ins Uferlose. Rette sich, wer kann. Das spricht sich im Personalmarkt herum, und nach der Krise wundert sich die HR-Abteilung, warum auf Stellenausschreibungen keine Resonanz kommt. Spätestens jetzt wird klar: Mistkerle in den Führungsetagen kosten das Unternehmen richtig Geld. Und daher gibt es nicht nur moralische Gründe, negatives Führungsverhalten zu unterbinden. Die wirtschaftlichen sind mindestens ebenso handfest, übersteigen sie in manchem Unternehmen doch sogar die Erträge, die von diesen Akteuren erwirtschaftet werden. Das braucht in Krisenzeiten kein Mensch!

Die Krux mit den Scheusalen

Die Kosten, die durch schlechte Führung entstehen, sind nur schwer zu messen. Schlimmer noch: Nicht selten stimmen bei den Scheusalen die kurzfristigen Ergebnisse. „Mieser Charakter, aber seine Zahlen sind okay“, ist dann der achselzuckende Kommentar der Unternehmensleitung. Oft ist man hier zu feige oder zu bequem, dem negativen Führungsverhalten Einhalt zu gebieten. Und die Opfer schweigen nicht selten, weil nichts so demütigend ist, wie über die eigene Demütigung zu sprechen.

Doch wie vermeidet man schwache Führung im Unternehmen? Zu allererst: Unternehmenslenker sollten Störungen in Abläufen, Konflikte, Unzufriedenheit, erhöhte Fehlzeiten, steigende Fluktuationsraten, sinkende Leistungen oder Informationen über Mobbing sehr ernst nehmen. Hier gilt es herauszufinden, was aus Sicht der Mitarbeiter schiefläuft. Das Bagatellisieren von Problemen führt hier nicht zum Ziel, hält man sich die enormen Folgekosten von Demotivation, Nervenkrieg und Kräfteverschleiß im Team vor Augen. Bei hartem Verdacht von Miss-Führung kann der Einsatz von vertraulichen und neutralen Mitarbeiter-Interviews sinnvoll sein, um die wahren Ursachen präzise zu ergründen. Nicht selten macht es Sinn, in gravierenden Fällen externe HR-Berater hinzuziehen, um ehrliche Antworten zu bekommen. Der externe Consultant kann hier die (ausgesprochen schmerzlichen) Ergebnisse sachlich und neutral auf den Punkt bringen und Lösungswege aufzeigen. Wenn dann tatsächlich identifizierbare Missstände herrschen, gilt es, konsequent zu entscheiden, mit Nachdruck an der Verbesserung der Zustände zu arbeiten und – dies den Mitarbeitern zu kommunizieren. Wer hier seine Anerkennung für die Kritik zeigt, nimmt seine Mitarbeiter ernst und beteiligt sie am Verbesserungsprozess. „Management by walking around“ – der persönliche Kontakt zur Belegschaft kann oft Wunder bewirken. Ein positives Vorbild in der Führungsrolle für andere Führungskräfte ist in dieser Situation von größter Bedeutung. Mitarbeiter erwarten von der Unternehmensleitung ein deutliches Signal, dass sich etwas zum Positiven verändert. Scheuen Sie sich also nicht, Mistkerle in der Führungsriege zu outen oder gar „zur Adoption freizugeben“. Auch eine Betriebsvereinbarung oder ein „Führungs-TÜV“ hilft oft, verbindliche Regeln für den Umgang miteinander zu schaffen. Grundlage sollte stets das offene Feedback mit der Basis und mit den Führungskräften sein. Der notwendige Mut und die Offenheit dafür lohnen sich. Ein weiterer Präventiv-Baustein ist die Fortbildung der Führungskräfte in qualifizierter Mitarbeiterführung. Dazu zählt auch, dass sich das Managementteam eine gewisse „Beißhemmung“ aneignet. Viele Unternehmen arbeiten inzwischen mit einem sogenannten „Code of Conduct“, einer Art Verhaltenskodex, der für Klarheit sorgt.

Und – ganz wesentlich: Ein professioneller Rekrutierungsprozess kann bereits frühzeitig dafür sorgen, dass „Kotzbrocken“ gar nicht erst eingestellt werden. Dazu gehören strukturierte persönliche Interviews, die neben der Fachkompetenz vor allem die Sozialkompetenz des Bewerbers unter die Lupe nehmen. Aber auch systematische Referenzprüfungen über favorisierte Kandidaten (nur mit Einverständnis der Bewerber!) runden das Bild einer Führungskraft ab. Und wer noch ein Übriges tun will, dem empfiehlt sich dann eine Google-Recherche nach dem Namen des favorisierten Kandidaten – natürlich vor der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags – am besten in Kombination mit den einschlägigen Schimpfwörtern über Chefs. Sie werden staunen – da kommt oft Wundersames zu Tage. Aber das hat der Personalberater Ihres Vertrauens vorher schon gecheckt.